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Die Kuh

Kühe stehen auf der Weide und fressen, käuen wieder und fressen. Manchmal legen sie sich hin. Am Abend trotten sie in den Stall und morgens werden sie gemolken. Dann stehen sie wieder auf der Weide und fressen. So geht das tagaus, tagein, Jahr um Jahr vergeht. In der Regel bekommen Kühe auch Kälbchen, aber die gehen bald eigene Wege. Einer Kuh wird selten etwas zuviel. Sie erfüllt einfach ihre Aufgaben. Zuweilen wedelt sie ein wenig mit dem Schwanz herum und sagt Muh. Mehr Protest kommt nie.

Eines Tages hörte man auf der Weide mehr Muhen als sonst. Man muhte, es gäbe eine Pleite und die Kühe würden verkauft werden. Kühe wissen nicht, was eine Pleite ist, dennoch…es hörte sich nicht gut an. Und was ist „Verkauftwerden“? Die Kühe standen ratlos herum, schließlich begannen sie wiederzukäuen. Das machten sie ja immer.

Am Abend, eigentlich war es ja ein schöner Tag, hörten sie wie der Leitmensch, die Menschen nannten ihn immer Vorsitzender, sagte: „ Die LPG wird dicht gemacht“. Er öffnete die Koppel und davor stand ein ganz großes Auto. Ein schräger Laufsteg lud zum Einsteigen ein. Der Leitmensch rief noch, ein jeder müsse sich jetzt alleine um seine Existenz kümmern und er trieb die guten Kühe auf den Laster. Die muhten ein bisschen verwirrt, denn sie wussten nicht, was das ist „sich um die Existenz kümmern“.

Eine Kuh wollte nicht auf den Wagen, irgendwie war sie etwas stur und außerdem noch gar nicht fertig mit dem Wiederkäuen. So blieb sie einfach ganz alleine auf der Weide liegen und käute wieder und wieder, bis sie einen Entschluss fasste. Sie stand auf und trabte durch das offene Gatter der Koppel, ganz alleine, immer den bekannten Weg entlang bis in den Stall. Dort war aber niemand. Was kann eine arme, dumme Kuh schon ausrichten. Sie muhte, ging auf und ab, wedelte mit dem Schwanz und muhte wieder, nur lauter. Ich muss meine Existenz sichern, dachte sie und muhte noch lauter. Schließlich kam doch jemand vorbei, sah die Kuh und sagte: „ Mein Vorsitzender hat gesagt, wir müssen jetzt unsere Existenz alleine absichern, dafür könnte ich Dich gut gebrauchen, denn Du bist nützlich, Du kannst sicher auch arbeiten. Ich werde Dich einspannen.“
So kam es dann auch. Die Kuh verrichtete Arbeiten, die sie noch nie zuvor zu leisten hatte. Das war vielleicht schwierig. Aber einmal im Geschirr, immer im Geschirr! Genug zum Fressen gab es und ein Dach über dem Kopf hatte sie auch. Sie tat ihre Pflicht tagaus, tagein. Die Kuh wurde ein wenig dünner, ja aber sie lebte und hatte etwas gelernt.
Das große Auto übrigens, so munkelte man, wäre zum Schlachthof gefahren. Von den anderen Kühen hörte man nie wieder etwas.
 
Die intellektuelle Löwin



In der Serengeti lebte einst eine Löwin, deren Rudel einen humanitär eingestellten Ernährungswissenschaftler vom Deutschen Entwicklungsdienst gefressen hatte. Besonders sein Hirn hatte ihr geschmeckt, und sie verfügte nun über alles Wissen dieser Welt, was Nährwert, Vitamine, Mineralien, Ballaststoffe und anderes Zeug betrifft, was so im Futter zu sein pflegt.

Bei der nächsten Treibjagd auf ein Gnu-Baby, welches das Tempo der Herde nicht hatte durchhalten können, hielt sie mitten im Lauf inne und schüttelte energisch den Kopf.

„Was’n mit dir?“, fragte die Kollegin, die normalerweise den ultimativen Biss in die Halsschlagader der Beute ausführte und bremste, dass das Gras unter ihren Pfoten entwurzelte. „Keine Kraft mehr?“

„Ach was“, rief unsere Löwin verächtlich. „Kraft genug. Bei dem parasitären Verhalten, was wir an den Tag legen, haben wir immer genügend Energie für die Jagd. Nein, es kotzt mich einfach an, dass wir die Pflanzenfresser konsumieren, die für uns die Vorarbeit leisten.“

„Unsinn“, meinte die Kollegin. „Vorarbeit, wieso Vorarbeit?“

Das Gnu war auf und davon, weil die Jagd-Logistik des Rudels ohne die Hilfe der beiden nicht hatte aufgehen können. Alle Kolleginnen, eine nach der anderen, versammelten sich um unsere Protagonistin und lauschten erstaunt ihrer Botschaft.

„Seht doch mal“, rief unsere Löwin. „Die Pflanzenfresser nehmen die sechsfache Menge an Futter zu sich wie wir, damit sie sich entwickeln und leben können. Die müssen den ganzen Tag fressen, verdauen und verwerten, und genau deshalb haben sie nicht genügend Aufmerksamkeit für uns, wenn wir ihnen auflauern, sie auseinander treiben, um dann das schwächste Exemplar von ihnen herunter zu schlingen.“

„So ist das nun mal“, rief der Löwenpascha, der inzwischen seinen schattigen Platz unter dem Affenbrotbaum verlassen hatte um halb amüsiert, halb neugierig mit zu bekommen, was die Weiber da diskutierten. „Die Natur ist grausam, und ich möchte nicht wissen, wie viele Insekten, Maden und Würmer die Pflanzenfresser auf dem Gewissen haben, wenn sie dieses scheußliche Gras in sich hinein stopfen.“

Das Argument verfing nicht besonders, zumal alle Löwinnen wussten, dass die Pflanzenfresser tierisches Leben aus Versehen vernichteten, während die Karnivoren dies mit Absicht taten.

Eine der Kolleginnen schubste etwas wuschelig-Knuddeliges nach vorn.

„Mama“, rief das erst 5 Wochen alte Baby der Löwin mit seiner hellen Stimme. Sie hatte es erst nach dem Konsum des Ernährungswissenschaftlers gezeugt, und offensichtlich hatte sich der Sinneswandel unserer Löwin nicht nur 1:1 übernommen, sondern sogar noch weiter entwickelt. „Mama, was du da erzählst, ist nicht zuende gedacht.“

Die Kolleginnen brummten Beifall und der Löwenpascha warf sich in die Brust, weil er davon überzeugt war, dass alle erblich bedingten Fortschritte immer nur von den Männern herrühren.

„Kind, wenn du eins hättest, würde ich sagen, räum dein Zimmer auf“, meinte unsere Löwin. „Dieses altkluge Geschwätz ständig von dir...“

„Mama, wenn du kein Fleisch frisst, wird deine Milch zuerst fettarm, vielleicht sogar reduziert auf 0,3%, ich kann nicht wachsen, werde sterben, und diese dämlichen Geier, die euch immer das Futter streitig machen, werden mich verzehren.“

„Das wäre gegen die Gesetze der Natur“, fand der Pascha. „Wir stehen in der Nahrungskette an erster Stelle. Wir, vor allem ich, kriegen immer den Löwenanteil der Beute.“

Unsre Löwin schluckte schwer an dieser Botschaft. Allein die Vorstellung, sie könne ihr Baby nicht mehr ernähren, es würde sterben und anderen, niederen Tieren zum Fraße dienen, überzeugte sie.



„Kommt, lasst uns aufbrechen und für Nahrung sorgen“, rief sie, nun endgültig überzeugt, im Tonfall eines Feldherrn, der seine Soldaten auf den Heldentod einschwört. „Es soll der fetteste aller Pflanzenfresser sein, und er soll uns schmecken.“

Eine Herde Zebras ganz in der Nähe bekam diesen Enthusiasmus hautnah zu spüren, und die Löwen reduzierten die Familien der Gestreiften um drei hoffnungsvolle Kinderchen.

Drum merke: wenn du das Argument einer Frau entkräften möchtest, schicke ein Kind vor. Dagegen ist jede machtlos.


© Jürgen Berndt-Lüders
 
Die Grenze



„ Ich will“, sagte der Vogel und hüpfte einen Schritt zur Seite.
Der Aufprall kam schnell und benahm ihm den Atem, presste seine kleine Vogellunge zusammen und riss seinen Kopf gewaltsam zurück. Kein Ton konnte der schmalen Kehle des Federtieres entrinnen, es schmerzte überall in seinem mageren Körper, das Verlangen nach Sauerstoff brannte in ihm, brannte sich in seine Zellen ein, brannte ihn aus und markierte ihn für alle Zeit. Seine staksigen Beinchen strampelten, seine Flügel bebten.
Mit einem stummen Schrei durchbrach der Vogel die Wasseroberfläche und schrie, sobald sich seine Lungen mit Sauerstoff füllten: „ Ich kann’s! Ich kann’s!“
Auf seinem Gefieder perlten glitzernde Wassertropfen, während er sich schüttelte und erneut untertauchte, um die donnernden Qualen ein zweites Mal zu durchleben.
Diesmal schmerzte es umso mehr, der kleine Vogel schluckte Wasser und war dem Ersticken nahe. Und wieder schoss er mit einem vor Pein stummen Schrei an die Wasseroberfläche und wieder brach ein jubelndes Geschrei aus ihm heraus, sobald er nach Atem gerungen hatte.

Mit einem einzigen, eleganten und zugleich kräftigen Flügelschlag erhob sich die Eule von ihrem Ast und glitt lautlos über das Wasser hinweg.
„ Tu es nicht!“, mahnte sie den kleinen Vogel, der nun bereits zum dritten Mal die Wasseroberfläche durchbrach, sichtlich erschöpft, aber mit einem stolzen Funkeln in den Augen, „ Tu es nicht. Es ist nicht gut!“
Doch das winzige, nasse Federbündel spreizte nur seine zarten Flügel und schrie zum wiederholten Male, sodass sein Echo in den Höhen der Berge widerhallte:
„ Ich kann es! Sieh nur, ich kann’s!“
Zum letzten Mal schöpfte er Atem, zum letzten Mal schüttelte er sein Gefieder, dass Wassertropfen in alle Richtungen davon spritzen, dann stürzte er sich zum letzten Mal in die dunkle Tiefe unter ihm und ward nicht mehr gesehen.
 
Die Geschichte vom Fisch der an Land ging


Ganz tief im Meer lebte ein Fisch in einem Schwarm.
Manchmal wollte er nach links schwimmen und all seine Fischfreunde taten ihm nach, und schwommen nach links.
Manchmal wollte er nach rechts schwimmen und alle seine Fischfreunde taten ihm nach und schwommen nach rechts.
Er freute sich darüber und fühlte sich so gut wie ein fisch im Wasser sich nur fühlen konnte. und er plantschte hin und her und schwomm ganz weit hinauf und es wurde ganz hell und er fand es so wunderschön bis er merkte das die anderen ihm nicht folgen wollten. Er wurde traurig und schwamm wieder hinunter in das dunkle Nass zu seinem Schwarm. Doch aufeinmal kahm es ihm so vor als würde er nicht mehr frei schwimmen können. Der Schwarm schwomm nach links , dabei hätte er doch viel lieber nach rechts schwimmen wollen , doch wenn er es ihnen nicht gleich tun wollte, wäre er allein, also folgte er ihnen nach links. Der Schwarm schwomm nach rechts, dabei hätte er doch viel lieber nach links schwimmen wollen , doch wenn er es ihnen nicht gleich tun wollte, wäre er allein, also folge er ihnen nach rechts. Das leben war nicht mehr das selbe, und er war traurig seinen Freunden Das Licht weit oben nicht zeigen zu können. Er beschloss sich allein auf den Weg zu machen und es zerbrach ihm das Herz seine Freunde zurück zu lassen. Er machte sich auf den Weg und schwomm bis ganz hinauf. Es wurde heller und immer heller und langsam bekahm er selbst ein wenig Angst. Was würde wohl passieren wenn er bis ins licht hinein gehen würde. Er sah das Licht so hell wie er es noch nie gesehen hatte und er ging in das Licht. Wo bin ich ? Was ist das ..? Dachte der Fisch und stand an einem Wunderschönen Strand. So etwas hatte er noch nie gesehen. Hier ist gar nichts Nass und das Dunkel beschränkte sich auf die Schatten die die Palmen auf die runden Felsen warfen die dort lagen. Er freute sich so sehr über seine Entdeckung das er beschloss allen im Wasser zu erzählen wie toll es war nicht Nass zu sein und Das Licht auf seinen Schuppen zu spüren. Und er Schrie es ihnen hinab in die tiefe des Meeres doch sie konnten ihn nicht hören . Und er schrie und schrie doch es half alles nichts. Er setzte sich an den Rand des Wassers und versuchte mit seiner Flosse so doll zu plantschen wie er nur konnte um ihnen die Wellen hinab zu schicken doch keiner seiner Fischfreunde spürte etwas von den Wellen .Er beschloss wieder zu ihnen hinunter zu schwimmen, tiefer und tiefer weil er keine andere möglichkeit sah es ihnen erzählen zu können und als er bei seinen Freunden ankahm verkündete er ihnen was er sah und das es nicht notwendig ist nass zu sein. Die Fische lachten ihn aus. Sie sagten aber du bist doch selbst Nass. Wie kannst du uns erzählen mann muss nicht Nass sein wenn du doch selbst Nass bist? Du bist verrückt blubberten sie. Was du sagst ergibt keinen Sinn wir glauben dir erst das man nicht Nass sein muss wenn du selbst aufhörst Nass zu sein. Er sagte vertraut mir einfach, glaubt mir bitte und kommt mit mir. Ihr werdet es lieben. ich bin doch euer Freund, ihr könnt mir vertrauen. Doch die Fische lachten und wanten sich von ihm ab. Der Fisch war traurig denn all sein Mut, der Weg den er auf sich genommen hatte und der wunderschöne Strand , ja selbst die warme Sonne, konnten ihm jetzt nichts mehr geben. Er war allein am Strand ohne einen einzigen Freund. Er war allein Im tiefen dunklen Meer ohne einen einzigen Freund. Und er Schwomm bis an sein Lebensende mit der Frage : Wie zeige ich den Fischen das man nicht nass sein muss ohne dabei selbst nass zu werden? auf und ab...... Ende.
 
Die Katze am Fenster

Es war einmal eine Katze, die hatte alles, was ein Katzenherz begehrt, sogar ein eigenes Katzenklo. Zu Fressen bekam sie nur vom Feinsten und ihre kleine Katzenwelt maß hundert Meter im Quadrat.

Doch selten hatte sie noch Lust, sie zu durchstreifen. Meist lag sie auf der Fensterbank, döste in der Sonne und beobachtete die spielenden Kinder auf der Straße oder die Vögel auf ihrem Weg zu den Wolken.

Eines Nachts jedoch hörte sie ein seltsames Geräusch aus der Küche. Auf Samtpfoten schlich sie dorthin, die Ohren gespitzt und ihre Augen leuchteten wie Phosphor. Da entdeckte sie eine Maus, die sich gerade über einen Rest Käse hermachen wollte. Mit einem Satz war sie über ihr.

„Halte ein“, rief die Maus. „Sicherlich könntest du mich jetzt töten, jedoch wäre das ein kurzes Vergnügen. Wenn du mich aber am Leben ließest, könnte ich dir Geschichten erzählen, jeden Abend eine andere, und glaube mir, so schnell ginge mir der Stoff nicht aus. Ich bin weit herum gekommen in der Welt. Warum also solltest du mich fressen?“

„Genau deshalb“, sprach die Katze und biss zu.
 
Die Lämmer und der Zollwächter

Es war einmal ein Fuchs, der eines Tages mitten zwischen dem Wald und der Wiese

eine Grenze zog und Zoll verlangte. Denn er wusste, wie gern die Lämmer hier herüber kamen und die wunderbar würzigen Kräuter der Wiese aßen und das glasklare Wasser des benachbarten Teichs tranken.

Meistens aber wurde ein Lämmchen mit einem Korb geschickt, um die Kräuter für die große Familie zu holen. Da es ein weiter Weg bis zur Wiese war, schickten sie meistens ein junges starkes Lämmchen. So auch heute. Ein hübsches kleines Lamm mit schneeweißer Wolle kam des Wegs daher und war erstaunt, als es den Fuchs erblickte. “Hallo. Na, schon so früh unter Wegs?”, begrüßte der Fuchs das Lamm freundlich. In seinen Augen jedoch war die Tücke zu erkennen. Das Lamm jedoch dachte sich nichts dabei und sprach: ”Ich hole die Kräuter von der Wiese, bitte lass mich durch.” Der Fuchs lachte. “Ab heute muss man hier Zoll bezahlen.” Das Lämmchen sah ihn verwundert an. “Das heißt”, erklärte der Fuchs,

“Das du mir 100 Gramm deiner weißen Wolle geben musst.”

“Ich habe aber nicht so viel!”, protestierte es. Da sagte der Fuchs:

“Dann komm gleich mit einem weiterem Lamm zurück.” Das Lamm tat wie geheißen und kam sogleich zur Grenze zurück. Mit noch einem starken Lämmchen. “Nun lass uns durch und wir werden uns scheren.”

“Oh, nein!”, meinte aber da der Fuchs. “Der Zoll hat sich erhöht. Es müssen jetzt 200 Gramm Wolle sein. Komm also mit zwei weiteren Lämmern zurück, so lasse ich dich durch.” Wieder taten die Lämmer was ihnen befohlen wurde und kamen kurze Zeit später zurück. Obwohl sie 4 Lämmer waren, hatte der Fuchs wieder etwas dran auszusetzen. Er sagte, dass sie mit 400 Gramm zurückkehren sollten. So trieb der Fuchs sein böses Spiel weiter bis sich an der Grenze irgendwann 10 Lämmer versammelt hatten. “Nun ist es genug”, sprach er und gab ihnen eine Schere. Die Lämmer schnitten sich gegenseitig die Wolle ab, bis sie ganz kahl waren. Da sprang der Fuchs auf die Lämmerschar und biss sie alle tot. So hatte er ganze 10 Lämmer verschlingen können und das sogar ohne dass ihm ein einziges Wollknäuel den Appetit verdarb.



Ende.
 
Die Olobomdoloms
Weit, weit weg von unserem Alltag, an einem fernen Punkte dieser Welt lebte einst ein kleines Volk. Es waren keine Menschen, aber auch keine Tiere. Sie waren ganz eigene Wesen. Einige von ihnen sahen ein bisschen aus wie Mäuse, andere hatten richtig dunkles, struppiges Fell, manche waren sogar ein bisschen stachelig. Deshalb hatten sie große Schwierigkeiten, sich zärtlich aneinander zu kuscheln, weil das immer so piekte. Dieses kleine und freundliche Volk waren die Olobomdoloms.

Sie lebten in Höhlen und Gängen und kamen nur selten ans Tageslicht. Meistens gingen die Olobomdoloms geschäftig ihren Tätigkeiten nach, gruben neue Gänge und Höhlen, suchten nach Nahrung und sammelten Gras und Blätter für ein weiches Lager im Winter. Sie waren freundlich, aber scheu, nur selten huschten sie an die Erdoberfläche, um Blätter und Gräser zu sammeln oder Nüsse und Rinde für eine Mahlzeit.

Die Olobomdoloms waren sehr gesellige Wesen und saßen oft abends beieinander und unterhielten sich über ihr Tagwerk und was die nächste Zeit wohl so bringen werde. Und so saßen sie auch diesen Abend wieder beieinander und unterhielten sich, aber nicht zu dicht, weil das ja piekte.

Da sprach eines der Olobomdoloms plötzlich: „Freunde, ich muss Euch etwas sagen.“ Die anderen schauten auf und lauschten gespannt. „Ich bin glücklich ein Olobomdolom zu sein“, sagte das eine Olobomdolom, „aber dann auch wieder nicht. Ich wünschte, ich könnte mich an Euch kuscheln, Eure Körper berühren, Euch streicheln, Euch nahe sein, ohne dass wir uns verletzen und weh tun. Ich fühle mich einsam und bin sehr traurig!“

Als es gesprochen hatte, war eine große Stille in der Höhle. Alle schwiegen und schauten bedrückt drein. Einige weinten sogar. Die Worte des Olobomdoloms waren ihnen sehr nahe gegangen. Andere nickten wortlos. Niemand wusste sich einen Rat. So saßen sie noch eine Weile schweigend da, ohne zu wissen, was sie tun konnten.

Dann erhob das eine Olobomdolom wieder seine zarte feine Stimme und sagte: „Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich tun könnte. Und weil ich sehe, dass auch Ihr keinen Rat wisst, habe ich beschlossen, auszuziehen und Hilfe zu holen!“ Sofort ging ein piepsendes Raunen durch die Menge, einige schauten mit großen Augen einander an, andere wiederum nickten wieder stumm.

Dann erhob sich langsam ein altes Olobomdolom und sprach: „Du hast Recht. Wir Olobomdoloms leben seit vielen Generationen in diesen Höhlen. Niemals hat uns jemand gesehen, aber auch wir haben noch niemals ein anderes Wesen gesehen. Vielleicht gibt es da draußen jemanden, der uns helfen kann. Auch ich habe mir schon oft gewünscht, kein kleiner, grauer, stacheliger und struppiger Olobomdolom mehr zu sein, sondern ein Wesen voller Weichheit und Sanftheit, das gerne berührt werden möchte. Die anderen Olobomdoloms stimmten ihm zu. „So sei es denn“, sprach das alte Olobomdolom wieder, „gehe hinaus in die Welt und schaue, ob Du Hilfe findest!“

Das junge Olobomdolom nahm einen kleinen Beutel, tat ein paar Nüsse hinein und machte sich auf den Weg. Noch während der Nacht legte es die ersten Schritte zurück, in der sicheren Obhut der Dunkelheit. Als es Morgen wurde, hatte es bereits viele hundert Meter zurückgelegt, konnte das kleine Tal, in dem die Olobomdoloms in Höhlen lebten, schon längst nicht mehr sehen. Am Abend rastete es und suchte sich einen Platz für die Nacht.

So vergingen viele Tage und Nächte und das Olobomdolom lernte viele anderer Wesen kennen, aber niemand konnte ihm helfen. So setzte es sich eines Tages auf einen alten Baumstamm und schlief ein. Als es aufwachte blies ein leichter Wind und der Wind wehte Gräser, Samen und kleines Getier durch die Luft. Auf einmal flog eine weiche, weiße, flaumige Feder auf das Olobomdolom zu und es schaute ganz fasziniert, weil es so etwas noch nie gesehen hatte. Es nahm sie in die Hand und hielt sie an sein Herz. Dann schlief es wieder ein.

Irgendwann wachte das Olobomdolom auf, denn die Sonne blinzelte ihm in die Augen. Es war durstig und so beschloss es, einen See zu suchen, um sich zu erfrischen. Nach kurzer Zeit kam es an einem Weiher vorbei und wollte etwas trinken. Es senkte das Köpfchen zum Wasser und als es in das Wasser schaute, erschrak es sehr. Es sah kein stacheliges braunes Olobomdolom mehr, sondern ein Wesen mit wunderschönem weichem, weißem und flauschigem Fell. Nur die Augen waren dieselben geblieben. Dann schaute es an seinem Körper herunter, und der ganze Körper war ebenso weich und weiß! Dann sah es die Feder an seinem Herzen und ihm wurde klar, dass nur sie dieses Wunder vollbracht haben konnte. Auf einmal war es ganz glücklich und es eilte, noch ohne getrunken zu haben, den Weg zurück in seine Heimat.

Als es einige Tage später in die Höhlenwelt der Olobomdoloms zurückkehrte, waren die anderen abends wieder in der Runde versammelt. Es trat ein und alle Olobomdoloms schauten verwundert das fremde Wesen an. „Wer ist das?“, hörte es einige fragen. „Ich bin es, Euer Freund, das Olobomdolom. Ich bin ausgezogen um Hilfe zu holen, wisst ihr nicht mehr?“ – „Du?“, fragten einige ungläubig, „bist das wirklich Du?“ – „Ja, ich bin es wirklich! Und schaut mal, was für ein weiches und flauschiges Fell ich jetzt habe!“ Die anderen Olobomdoloms schauten überrascht und erstaunt zugleich ihren Freund an. Einige berührten vorsichtig sein Fell, denn sie wollten ihm nicht wehtun.

Dann sprach das Olobomdolom: „Liebe Freunde, ich habe Euch noch etwas mitgebracht“, und es hielt die kleine, zarte, weiße, weiche Feder in die Höhe. „Dieses wunderschöne Geschöpf hat mir geholfen und ich glaube, es kann auch Euch helfen.“ Es nahm die kleine Feder in die Hand und berührte damit das Herz des nächststehenden Olobomdoloms. Plötzlich wurde sein Fell weiß und flauschig, die Stacheln verschwanden und es sah fast so aus, wie das Olobomdolom, das die Feder mitgebracht hatte.

Ein Staunen ging durch die Menge, viele „Aahs“ und „Oohs“ machten die Runde. Dann gab das weiße Olobomdolom die Feder weiter und nach und nach wurden sie alle weiß. Jedes verwandelte Olobomdolom hielt die Feder an das Herz des nächsten Olobomdoloms, bis sie alle dieses wunderschöne, weiche, weiße und flauschige Fell hatten.

Von nun an rieben die Olobomdolom ganz oft an ihrem Fell, kuschelten sich aneinander und wärmten sich gegenseitig. Sie genossen jede Berührung durch einen ihrer Freunde. Wenn sie abends beisammen saßen und erzählten, konnte mann sehen, wie sie schmusten und sich streichelten. Und das junge Olobomdolom musste seine Geschichte, wie es die weiche, weiße Feder gefunden hatte, wieder und wieder erzählen.
 
Die Reise der Palme


Blau ist meine Lieblingsfarbe. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches. Für viele Menschen ist Blau eine Lieblingsfarbe. Doch ich bin kein Mensch. Ich bin eine Palme. Genauer gesagt, eine Madagaskarpalme. Und ich lebe in einem bemalten Topf mit Erde auf einer Fensterbank, inmitten von Kerzen, Windlichtern, einer Lampe und einem kleinen Buddha aus Messing.

Die Fensterbank steht vor einem großen Fenster, von dem aus ich den Himmel sehen kann.

Der ist Blau. Und deshalb ist Blau meine Lieblingsfarbe.

Die Frau, die mich immer dann gießt, wenn ich Durst habe („woher weiß sie nur, dass ich Durst habe??“) sagt mir jeden Tag, dass ich die schönste Palme der Welt sei. Sie erzählt mir manchmal von dem fernen Land Madagaskar, von wo ich stamme und dass es dort so wunderbar schön sei. Viel schöner als anderswo. Und während meine Wurzeln gierig das Wasser einsaugen, mit dem sie die Erde gießt, die mich umgibt, saugt meine Seele jedes Wort auf, das sie über mein Heimaltland Madagaskar sagt. Das muss ein wunderbares Land sein, so lebendig, so voller Farben und Licht und Leben.

So wuchs die Sehnsucht in mir, dieses Land zu suchen.

Eine Pflanze kann nicht einfach einen Koffer packen und verreisen wie ein Mensch. Nein.

Aber eine Pflanze kann träumen. Und so träumte ich meine Reise in das Land meiner Sehnsucht. Nach Madagaskar.

Die Reise war lang und beschwerlich. Viele Tage und Nächte vergingen, bis ich endlich angekommen war. MADAGASKAR. Herrliche, blühende Bäume, Blumen, deren Duft die Sinne schwinden lässt, fremde Geräusche und fremde Gerüche hielten mich gefangen und verzauberten mich vom ersten Moment an. Die Insel schien mir seltsam vertraut. So, als sei ich schon mal da gewesen. Natürlich, das war ich ja auch. Als ganz junge Palme wurde ich in ein fernes Land verschifft, dorthin, wo ich heute noch lebe und geliebt werde.

Und doch empfand ich Madagaskar als meine Heimat. Ich machte mich auf den Weg, meine Familie zu finden. Viele fremde Pflanzen und Tiere begegneten mir. Lebewesen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Auch verstand ich ihre Sprache nicht. Eines Tages begegnete ich einer anderen Madagaskarpalme. „Hallo“, sagte ich, „ich komme aus Ludwigsburg und ich bin die schönste Madagaskarpalme der Welt!“ „So, so“, antwortete die andere Palme „du willst also die schönste Madagaskarpalme der Welt sein? Dass ich nicht lache! Hier auf unserer Insel leben tausende anderer Palmen, die hunderttausendmal schöner sind als du“


Das verletzte die Madagaskarpalme tief, denn sie dachte bis dahin, die einzige ihrer Art zu sein. Schnell beschloss sie, aus ihrem Traum wieder aufzuwachen und freute sich sehr, als morgens die Frau wieder kam, sie liebevoll goss und ihr zärtlich zuflüsterte:

„Du bist für mich die schönste Madagaskarpalme der Welt!!!“





Copyright by Marion Redzich
 
Die Schildkröte
Es gab einmal eine alte Schildkröte, die sehr weise war. In jungen Jahren hatte sie sich des Öfteren darüber geärgert, dass sie nur langsam voran kam. Wie oft war sie schon von schnelleren Tieren überholt worden. Manche von ihnen verhöhnten sie sogar und lachten über ihr „wahnsinniges“ Tempo. Im Laufe der Zeit regte sie sich nicht mehr auf und ließ gerne den „Rasern“ den Vortritt. Eines Tages meinte wieder einmal ein noch junger Gepard ihr zeigen zu müssen, was Geschwindigkeit wäre. Er schoss an ihr vorbei, dass es nur so staubte. Nach einigen Metern trat er in ein kleines Loch, stolperte und überschlug sich mehrfach. Vor Lachen kam die Schildkröte noch langsamer voran als sonst. Bei ihm angekommen stellte sie fest, dass er bewusstlos geworden war. Er hatte sich wohl den Kopf irgendwo angeschlagen. Sie blieb so lange bei ihm, bis er wieder erwachte. Kopfschüttelnd sprach sie: „Na du Heißsporn. Ging es dir nicht schnell genug?“ „Lach‘ mich nur aus. Noch kannst du es aber bald bin ich dir wieder weg gerannt.“ „Dann steh‘ doch mal auf.“ „Das werde ich sofort tun.“ Er wollte aufspringen und schnellstens verschwinden. Wenn ein anderer Gepard davon erführe, dass ihn eine Schildkröte eingeholt hätte. Nicht auszudenken. Er konnte aber nicht rennen, denn sein linkes Vorderbein schmerzte ihn sehr. Humpelnd wollte er loslaufen aber die Schildkröte hielt ihn auf: „Versteck‘ dich hier hinter den Büschen und warte, bis ich wieder zurück bin. Ich werde dir einen Verband anlegen und dafür brauche ich einige besondere Blätter. Es wird nicht lange dauern.“ Der Gepard schleppte sich hinter die Sträucher und blieb still liegen. Hoffentlich dauerte das Warten nicht ewig. Die Schildkröte verschwand raschelnd im hohen Gras. Von seinem Versteck aus konnte er gut beobachten, wie ein Löwenrudel vorbei trottete. Wenn ihn die Löwen erwischt hätten, wäre es aus mit ihm gewesen. Er hielt den Atem an, bis das Rudel verschwunden war. Kurz darauf kam eine Hyäne seinem Versteck gefährlich nahe. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Hoffentlich bemerkte sie ihn nicht, denn auch Hyänen konnten problemlos einem fußkranken Gepard den Garaus machen. Vor Angst machte er eine unbedachte Bewegung und raschelte etwas. Das hatte die Hyäne mitbekommen und ging dem Geräusch nach. Sie sah ihn und entblößte ihre Furcht erregenden Zähne. Er dachte, dass sein letztes Stündlein gekommen war und erwartete ihren Biss, der sein Leben beendete. Plötzlich heulte sie auf und sprang in weiten Sätzen davon.

Was war geschehen? Das war doch nicht normal, denn Hyänen verhielten sich sonst ganz anders. Da tauchte der Kopf der Schildkröte aus dem Gras auf und spuckte einige Haarbüschel aus. Um den Gepard zu retten, hatte sie der Hyäne kräftig in den Schwanz gebissen und ihre einige Haare dabei ausgerupft. Dieser für sie völlig überraschende Angriff hatte sie so in Angst und Schrecken versetzt, dass sie schnellstens jaulend das Weite suchte. Scheinheilig fragte die Schildkröte den Geparden: „Hast du lange gewartet?“ „Was? Wieso? Lange gewartet? Ich habe mehr Angst als alles andere gehabt.“ „Läufst du deshalb immer so schnell?“ „Du weißt genau, dass ich jetzt kaum laufen kann. Ich finde es gemein von dir, mich auf den Arm zu nehmen.“ „Ach, der Herr ist empfindlich. Stell‘ dich nicht so an und halte mir deine Pfote hin. Ich werde sie dir jetzt verbinden und in einigen Stunden geht es dir wieder besser. Außerdem beschütze ich dich bis dahin.“ Der Gepard wollte sie zuerst auslachen, doch er besann sich und bedankte sich bei ihr. Schließlich hatte sie die Hyäne in die Flucht geschlagen und dadurch sein Leben gerettet. Eine Frage schoss ihm durch den Kopf: Wäre er auch so mutig gewesen wie die Schildkröte? Bestimmt nicht, denn sie hatte Recht, als sie ihn auf seine Angst ansprach. Er rannte doch wie alle seine Artgenossen vor jeder Gefahr davon. Was sollte er denn anderes tun? Geparden waren Löwen, Hyänen und anderen Fleischfressern gegenüber immer im Nachteil. Fast jedes Mal raubten sie ihnen die Jagdbeute, weil sie viel stärker waren.

Die Schmerzen waren fast weg, als ihm die Schildkröte den Verband abnahm. Sie bewegte sein linkes Vorderbein ein wenig hin und her. Etwas tat es noch Weh aber er konnte beinahe wieder normal laufen. Er bedankte sich sehr bei der Schildkröte und versprach ihr feierlich, ihr beizustehen wenn sie einmal in Not geriete. Anschließend ging er wieder seiner Wege. Sie blickte ihm nach, bis er hinter den Bäumen verschwunden war. Gemächlich begab sie sich zu der Stelle, an der die herab gefallenen Früchte eines großen Obstbaumes lagen. Eine Pavianhorde, bestehend aus mindestens 150 Tieren, tat sich an den Früchten gütlich. Die Schildkröte aß sich satt und ging anschließend zu ihrem Nachtlager bei den Büschen. Einige junge Paviane wollten mit ihr spielen, denn sie wussten noch nicht, dass eine Schildkröte kein Spielkamerad für Affen war. Sie sprangen auf ihrem Rückenpanzer herum, wollten an ihren Beinen und dem Kopf ziehen und sie komplett untersuchen. Da es ihr nicht gefiel, zog sie Kopf und Beine ein und wartete, bis es den Paviankindern zu langweilig wurde. Wie gewöhnlich dauerte es nicht lang und sie ließen von ihr ab. Ein unbewegliches Spielzeug war nicht ihr Ding und so gingen sie wieder zurück zu ihrer Horde. Die Schildkröte machte sich wieder auf zu ihrem Platz unter den Büschen. Dort fuhr sie Kopf und Beine ein und schlief bald darauf. Passieren konnte ihr nichts, denn niemand konnte ihren Panzer aufbrechen.

Am nächsten Morgen wachte sie auf, streckte ihre Glieder aus und machte sich auf den Weg, um etwas zu fressen zu finden. Nach dem Frühstück lief sie noch ein wenig durch die Savanne und genoss die Kühle der frühen Stunden. Mittags war es viel zu heiß, um sich in der prallen Sonne aufzuhalten. Da verkroch sie sich am liebsten in den Schatten, den Büsche oder Bäume warfen. Als die Schildkröte ihren Spaziergang beendet hatte, ruhte sie sich bei einem dichten Dornbusch aus. Aus dem dichten Gras drang ein Gespräch an ihr Ohr: „Ich habe großen Hunger. Lasst uns eine Gazelle fangen.“ „Wartet, bis wir nahe genug an der kleinen Herde sind.“ „Immer nur warten, wie furchtbar. Da holen uns ja die Schildkröten ein.“ „Mach‘ dich nicht über sie lustig. Mir hat gestern eine das Leben gerettet.“ „Was? Eine Schildkröte? Hat sie dich etwa überholt?“ „Nein, ich trat in ein Loch und verstauchte mir die linke Vorderpfote. Sie hat mir die Pfote verbunden und eine Hyäne in die Flucht geschlagen, die mich töten wollte.“ Danach trat Stille ein und die Schildkröte döste bis in den späten Nachmittag hinein. Als sie hungrig wurde, erhob sie sich und suchte nach den letzten grünen Grasstängeln. In der Nähe eines großen Baumes fand sie noch welche und begann zu fressen. Plötzlich erzitterte die Erde und eine Herde Büffel raste heran. Sofort zog die Schildkröte ihren Kopf und die Glieder ein, denn so konnte ihr nichts zustoßen, dachte sie. Die Herde stampfte an ihr vorbei und da geschah es. Die Nachzügler traten gegen den Panzer und warfen die Schildkröte auf den Rücken. Das war lebensgefährlich für sie, denn sie trocknete aus, wenn sie nicht schnell wieder auf die Beine kam. Sie bemühte sich zwar aber es war ihr unmöglich, sich umzudrehen. Eine Elefantenherde auf Futtersuche kam näher und bemerkte das Unglück. Die Leitkuh ging auf die Schildkröte zu und drehte sie auf den Bauch. Überglücklich bedankte sie sich: „Vielen, vielen Dank. Ohne dich wäre ich verloren gewesen. Sage mir doch, was ich für dich tun kann.“ „Dein Dank reicht völlig aus. Du hast schon so viel für uns Tiere getan, da ist es doch das Mindeste, dass wir auch einmal dir helfen können. Denk‘ an den Gepard, den du gestern noch gerettet hast.“ „Woher weißt du das?“ „Mit unseren großen Ohren hören wir immer, was vorgeht. Uns bleibt nichts verborgen, denn wir sind ständig in Verbindung mit allen anderen Elefantenherden. Es ist wohl nicht nett, einer Hyäne in den Schwanz zu zwicken aber wenn du dadurch ein Leben rettest, geht das in Ordnung. Mach‘ weiter wie bisher. Vielleicht sehen wir uns ja bald wieder.“ „Nochmals vielen Dank und bis bald.“

Als die Schildkröte zu alt und zu schwach zum Laufen geworden war, wurde ihr von vielen Tieren geholfen. Sie bekam genug zu fressen und zu trinken und hatte viel Gesellschaft. Oft wurde sie auch um Rat gefragt und gab immer bereitwillig Auskunft. Auf diese Art half sie trotzdem noch allen Tieren so gut es eben ging. Eines Morgens wachte sie nicht mehr auf. Alle Lebewesen waren traurig über diesen Verlust. Ein Warzenschwein grub ein Loch unter ihr, in das sie langsam hinein glitt. Danach schob es die ausgegrabene Erde über sie und ein Elefant glättete das Grab. Mit trotziger Stimme meldete sich ein Gepard zu Wort: „Nur wenn wir sie oder ihre Taten vergessen, ist sie wirklich gestorben.“
 
Die Sonnenblume



An einem der schönen Sonnentage, die das Jahr schenkt, machte sich ein Bär zu einem Spaziergang auf. Die Vögel zwitscherten munter ihre Weisen und überall roch es nach Sommer. Mal ging der Weg bergauf, daß es dem Bären schwer fiel, eine Tatze vor die andere zu setzen und mal ging es bergab, daß er aufpassen mußte, nicht zu stolpern. Seine Augen sogen förmlich die Schönheiten am Wegesrand auf und fachten die Neugier an, immer mehr zu entdecken. Unterwegs stärkte er sich mit allerlei Beeren und ein wenig Honig, daß er einem Bienenvolk stiebitzte.
Es war wohl um die Mittagszeit, als er an einem Feldesrand eine Sonnenblume erspähte. Majestätisch erhob sie sich aus dem grünen Teppich, der üppig das Feld umsäumte. Fasziniert blieb der Bär stehen und besah sich das kleine Wunderwerk der Natur. Ganz vorsichtig berührte er mit seinen riesigen Tatzen die zarten Blätter und streichelte sie sanft.Er legte sich in den Schatten der Blume und es sah so aus, als hinge sie am Himmel und strahlte mit ihrer Schönheit die Erde an. Das sanfte Säuseln des Windes und die Melodien einer Lerche machten den Bären schläfrig und er zog sich in mancherlei Träumerei zurück. Am späten Nachmittag wachte er aus wohligem Schlaf auf und nahm sich fest vor, die Sonnenblume am folgenden Tag wieder aufzusuchen.
Die Tage zogen ins Land und je öfter er die Sonnenblume besuchte, desto mehr wollte er sie ganz besitzen. So geschah es, daß er sie samt Wurzeln ausgrub und in seine Höhle brachte. Dort suchte er den schönsten Platz für sie aus. Es sollte der Blume an nichts fehlen und so besorgte er Erde, in der er das Wurzelwerk einhüllte und Wasser, welches er vorsichtig auf die Erdkrumen träufelte. Nur den Sonnenschein konnte er nicht einfangen, so sehr er sich auch mühte.
Über die Zeit wurde die Sonnenblume immer kraftloser. Die Blätter hingen traurig herunter und der Blütenkopf senkte sein Haupt. Dem Bären entging nicht, daß es seiner großen Liebe Unbehagen bereitete, in der dunklen Höhle zu leben. Geblendet von seinen Gefühlen suchte er, Abhilfe zu schaffen. Er suchte den besten Mutterboden und schöpfte das frischeste Wasser. Tag und Nacht umsorgte er die Pflanze, doch es half nichts. So nahm er zum Schluss seine geliebte Sonnenblume und grub ihr in der Nähe der Höhle die letzte Ruhestätte in den Boden einer Waldlichtung. Es nahte der Winter und der Bär legte sich müde und traurig in der Höhle nieder, verstand er doch nicht das Hinscheiden seiner Liebsten. Die Natur überzog den Bären mit einem tiefen Winterschlaf und in seinen Träumen war er der Sonnenblume sehr nahe.Nach einem kalten Winter folgte der Frühling und das Leben erwachte, so auch unser Bär. Doch mit dem Erwachen zog auch die Wehmut wieder ein. Weder die Farbenpracht der Blumen noch der Gesang der Vögel konnte ihn aufheitern. So verblieb er in der Höhle und ging nur hinaus um Essbares zu suchen.
Eines Tages wurde er von dem Gefühl beseelt, die letzte Ruhestätte seiner Sonnenblume aufzusuchen. Er machte sich auf und als er die Lichtung betrat, traute er seinen Augen nicht: Fünf Sonnenblumen wuchsen an der Grabesstelle aus dem Boden, eine schöner als die andere. Sie wogen sich in der leichten Brise des Windes und es schien, als winkten sie dem Bären zu. Und je näher er ihnen kam, desto mehr ließ er die Traurigkeit und Wehmut hinter sich.

© Detlef Thiele
 
Geri
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